Die Umsetzung eines Rechts auf Kinderbetreuung hat man der Tiroler Volkspartei nicht zugetraut. In der (medialen) Öffentlichkeit haben Kinderbetreuung und ÖVP nicht zusammengepasst. Dabei waren es vor allem schwarze Verantwortungsträger in den Gemeinden, die in den letzten Jahren das Angebot enorm ausgebaut und verbessert haben. Tirol ist bereits jetzt Vorreiter und hat den besten Betreuungsschlüssel aller Bundesländer. Das garantiert hohe Qualität.
Trotzdem haben wir uns mit dem Thema nicht immer leichtgetan. Mir ist es als Landesparteiobmann ein Anliegen, dass wir eine Familienpartei sind, die den Eltern eine echte Wahlfreiheit ermöglicht und unseren Kindern den Weg für die Zukunft bereitet. Dafür braucht es Kinderbildung und Kinderbetreuung. Warum? Weil Kinder schon früh die beste Bildung verdienen - und Bildung meint nicht das Schulbuch, sondern das Zusammenleben mit anderen Kindern zu lernen und sich zu integrieren. Aber auch, weil Tirol jedes Potenzial an Arbeitskräften braucht und die hohe Teilzeitquote in unserem Land nicht von ungefähr kommt.
Deshalb habe ich vor der Landtagswahl im letzten Jahr eine neue Linie festgelegt und versprochen, ein Recht auf Kinderbetreuung umzusetzen. Wenn ein Kind einen Platz braucht, soll es einen bekommen. Und was ich vor der Wahl sage, gilt auch danach. Aber hat der Toni Mattle immer schon so gedacht? Nein, auch ich habe in meiner Anfangszeit als Bürgermeister von Galtür einer Gruppe engagierter Eltern eine Absage für eine Kinderkrippe erteilt. Wenig darauf habe ich auf einer Reise in Finnland den skandinavischen Zugang zur Kinderbetreuung kennengelernt und meine Haltung überdacht. Zurück in Galtür habe ich die Familien bei ihrem Vorhaben unterstützt und unsere Gemeinde bekam ein umfassendes Betreuungsangebot. Finnland war auch vor Kurzem unser Ziel, um von den Besten zu lernen und das Recht auf Kinderbetreuung vorzubereiten. Gemeinsam mit Bildungslandesrätin Cornelia Hagele bin ich nach Helsinki gereist. Zurückgekommen sind wir mit einem Konzept, das Tirol zum ersten Bundesland mit einem Recht auf Kinderbetreuung für Kinder ab zwei Jahren machen wird.
Ich kann allen Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern ihre größte Sorge nehmen: Es wird keine Klagen gegen Gemeinden geben. Das Tiroler Modell zielt auf die Vermittlung eines Betreuungsplatzes ab und basiert auf gemeindeübergreifenden, regionalen und praktischen Lösungen. Am Ende steht immer ein Betreuungsplatz für das Kind bereit, mit allen Möglichkeiten, die wir haben: private, betriebliche und öffentliche Einrichtungen im Wohnort, in der Region oder am Arbeitsort der Eltern, Tageseltern und wenn notwendig temporär auch mit Gruppenüberschreitungen und einfachen individuellen Lösungen. Ein Kind mehr, muss künftig einfacher möglich sein - die Bürgermeister wissen wovon ich spreche. Dass Bundeskanzler Karl Nehammer angekündigt hat, 4,5 Milliarden in die Kinderbetreuung zu investieren, hilft und bestärkt unseren Weg. Tirol wird bei den Finanzausgleichsverhandlungen jedenfalls die Stimme der Kinderbetreuung sein und das Beste für die Gemeinden herausholen.
Um diese Aufgabe zu stemmen, braucht es neben Geld vor allem gut ausgebildetes Personal. Und dieses zu finden, wird eine Herkulesaufgabe. Dafür wird es Verbesserungen durch das Land und Investitionen in die Ausbildung geben. Wir haben aber in Finnland gesehen, was wirklich hilft: Wertschätzung. Eine Kinderkrippe ist die erste Bildungseinrichtung im Leben eines Kindes, keine Aufbewahrungsstätte. Es heißt Pädagogin und Pädagoge, nicht mehr „Kindergartentante“ - die Finnen sagen Lastenhoitajs, also KinderpflegerInnen. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Kinderbetreuungseinrichtungen verdienen ein hohes Ansehen in unserer Gesellschaft. Immerhin vertrauen wir ihnen das Wertvollste an, das wir haben: unsere Zukunft.
Ab Herbst 2026 soll das Recht auf Kinderbetreuung greifen. Das ist ein realistischer Ansatz, um die notwendigen Plätze zu schaffen. Andere drängen auf einen früheren Zeitpunkt. Aber ich bleibe beim Machbaren anstatt etwas zu beschließen, das man nicht halten kann. Und so oder so, wir werden die Ersten in Österreich sein.
Die Politik muss die notwendigen Kinderbetreuungsplätze schaffen. Die Politik muss Familien aber nichts vorschreiben. Das ist Eigenverantwortung. Das ist Wahlfreiheit. Das ist Volkspartei.
Dein,
Toni Mattle